Freitag, 2. November 2012

Review-Review: Dishonored in der FAZ


(Ich bin mal so frei und verlinke zu meinem eigenen Video...)


EDIT: Die FAZ hat interessanterweise online ein vollkommen anderes (und wesentlich besseres) Review gepostet. (Danke an einen Leser der mich darauf aufmerksam gemacht hat).


Das in großen Tageszeitungen etwas über Computerspiele geschrieben wird, ist selten. Noch seltener ist es, wenn über sie nicht im Zusammenhang von irgendeiner dummen, irrationalen Bluttat geschrieben wird. Außerhalb von 'Fachmedien' führen Computerspiele, eigentlich wie fast jede Form von 'digitaler Kultur', ein ziemliches Schattendasein. Deshalb ist es eigentlich immer interessant sich anzusehen, wenn doch tatsächlich mal über eines geschrieben wird.

Ich bin heute (2.11.) durch Zufall über einen Artikel über 'Dishonored' in der FAZ (Titel: 'Wollen wir nicht lieber als Ratte gehen?') gestoßen. die FAZ ist ja jetzt nicht sonderlich dafür bekannt, Computerspiele zu rezensieren und nachdem sie in diesem Sommer die Handlung von Assassin's Creed 3 in den amerikanischen Bürgerkrieg versetzt haben (trotz eines abgedruckten Screenshots mit einem britischen Kolonialsoldaten inklusive Union Jack im Hintergrund), bin ich sehr skeptisch darüber, ob die FAZ geistig überhaupt in der Lage ist, über dieses Medium zu berichten.


Der Artikel ist nicht sehr lang, ich schätze mal so um die 700-800 Wörter (im Vergleich, dass Dishonored-Review auf RockPaperShotgun ist über 2500 Worte lang). Das heißt natürlich, dass der Autor nicht sonderlich viel Platz hatte um seine Botschaft rüberzubringen. Das heißt natürlich auch, dass der Autor dann mit Sicherheit versucht hat, das Spiel so gut es geht zu beschreiben, oder?

Leider scheint sich der Autor jedoch ein Beispiel an den Reviews von actionbutton.net* genommen zu haben, denn ca. 600 seiner 800 Wörter verschwendet er mit hohlem Geschwafel, über Filme, Bücher, Kämpfe in Unterhaltungsmedien und den blutigen Daniel Craig, bis er endlich darauf kommt zu sagen, dass man in Dishonored ja nicht unbedingt kämpfen müsse, sondern auch ganz kreativ umherschleichen kann.
Immerhin lernt der unwissende Leser, das Computerspiele, anders wie Bücher und Filme, interaktiv seien (potzblitz), jedoch erfährt er, mit Ausnahme des eben genannten, nichts weiteres.

Man könnte natürlich hier anfügen, dass Computerspiele ja jetzt nicht wirklich zu den Kernbeschäftigungen des normalen FAZ-Lesers gehören und dass dieser sich ja in aller Regel für andere Dinge interessiert (in aller erste Regel konservativ sein vermute ich). Es daher also nötig ist, ihn langsam und zaghaft and die Thematik heranzuführen.
Das Argument kann ich verstehen, doch ändert es nichts daran, dass der Text schlecht ist.

Die FAZ erzählt doch auch nicht vor jeder Buchkritik lang und breit, was Bücher sind und wie in Büchern mit bestimmten Handlungsphänomenen (mir fällt hier kein besseres Wort ein) umgegenagen wird.
Nein, in einer Buchkritik, wird das Buch besprochen, es wird vielleicht etwas über den Autor gesagt, was er bisher gemacht hat, ob sich sein jetziges Werk mit seinen vorherigen Vergleichen lässt, wo seine Inspirationen lagen, wie er seine Welt beschreibt. Bevor das Buch kritisiert wird, wird es in einen Kontext gesetzt, denn nur in diesem Kontext kann man es tatsächlich verstehen und daher auch kritisieren.

Ich kann verstehen, dass man dies nicht für jedes Computerspiel machen kann. Ich bin mir sogar sicher, dass man es bei vielen Computerspielen kaum Sinn macht, da viele nicht wirklich viel Tiefgang besitzen.
Aber bei Dishonored? Dishonored ist vermutlich einer der mit Abstand ambitioniertesten 'AAA' Titel seit langem. An seiner Entwicklung waren Co-Designer von Deus Ex, Ultima Underworld und System Shock maßgeblich beteiligt. Die Stadt in der Dishonored spielt wurde vom gleichen Kerl entworfen, der City 17 in Half Life 2 entworfen kann (was man erkennen kann).

Man hätte erwähnen können, dass Dishonored den Spieler (weitestgehend) wie einen intelligenten Menschen behandelt und ihm nicht permanent sagt, was er zu tun und zu lassen hat. Dass die Freiheit in Dishonored nicht beim Kampf aufhört, sondern dass der Spieler selbst entsceiden kann, wie tief er in die Welt vordringen möchte. Dass ein Großteil der Hintergrundgeschichte der Welt, dem Spieler verborgen bleibt, wenn er nicht aktiv danach sucht.

Dishonored bietet so viele Möglichkeiten darüber zu schreiben, ohne dass man in billige Spielejournalismusplatitüden abgleitet.

Ich kann verstehen, dass man 800 Wörter nicht viel Platz sind, aber dieser Text wird dem Spiel einfach nicht gerecht.

Natürlich muss man sich nicht wirklich über diese Sache aufregen. Jeder der sich halbwegs mit Computerspielen beschäftigt, weiß wo er sich halbwegs vernünfte Informationen über sie besorgen kann und weiß auch, dass man Printmededien in diesem Zusammenhang nicht wirklich viel vertrauen schenken sollte.
Doch denke ich, dass es trotzdem nötig ist, diese (schlechten) Beispiele anzusprechen. Zum einen, um die Zeitung selbst daran zu erinnern, dass sie ja angeblich irgendeine Form von Qualitätsmaßstab besitzt und zum anderen aber auch um dafür zu sorgen, dass Computerspiele aus dieser bescheuerten Schmuddelecke heraus kommen.


P.S.: ganz interessant fand ich, dass der Autor die Fähigkeit beliebig oft zu speichern und zu laden als interessantes Feature hervorgehoben hat (Zitat: ' […]Da das Spiel in jedem Moment speicherbar ist, eröffnet sich ein Multiversum an Handlungen, jeder Tod kann mehrfach gestorben werden und bleibt als Drohung immer präsent[…]'). Denn mir kam bei meinem ersten Durchlauf von Dishonored (in dem ich wie blöde den Quicksaveknopf missbraucht habe) die Idee für meine 'Hardcore-mode Lp-Serie'.





*Mit dem Unterschied, dass beim actionbutton das Geschwafel irgendwann einen Sinn ergibt.