Mittwoch, 23. Januar 2013

Das MOKKOGRAD Manifest: Zocken ist Scheiße



Willkommen zum MOKKOGRAD Manifest. Hier werde ich, in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen, meine unheimlich wichtige Meinung zu eher allgemeineren Themen abgeben. Heute geht es um einen Begriff der mir schon seit langer Zeit auf den Keks geht.


Fliegt man so ein bisschen über die deutsche Computerspiellandschaft, stellt man relativ schnell fest, dass der Begriff 'Zocken' eines der Lieblingswörter deutscher Computerspieler zu sein scheint.

Ständig begegnet es einem. In der Tat, es wurde mir bereits vor über zehn Jahren, als meine minderbemittelten Schulfreunde' (es waren keine echten Freunde, es gab damals halt nichts besseres) plötzlich Computerspiele für sich entdeckten (ein Hobby das mir zwei Jahre zuvor noch den Spott der gleichen Personen einbrachte) bereits entgegengeworfen. 'Hier lass mal Unreal Tournament zocken!' hieß es da auf einmal.
Die 'Freunde' verschwanden irgendwann (zum Glück), doch der Begriff blieb. Nicht im eigenen Sprachgebrauch, aber er begegnete einem doch mit schöner Regelmäßigkeit. In Internetforen, in Artikeln, oder sogar im Fernsehen.
Mittlerweile wird 'Zocken' auch mal abgewandelt. In irgendeinem selbsintellektuellem Blog habe ich mal den Begriff 'Zockage' gefunden, als Ersatz für, ja für was eigentlich? Computerspiel vermutlich.
Es scheint so zu sein, als ob man, wenn man auf Deutsch über Computerspiele schreiben möchte, um den Begriff 'Zocken' oder eines seiner Derivate kaum herumkommt.
Aber ist dieser Begriff passend, wenn wir ihn auf Computerspiele anwenden?

Wenn wir einen Blick auf die englische Sprache werfen, so sehen wir, dass dort ohne Probleme der Begriff 'to Play' im Zusammenhang mit Computerspielen verwendet wird. Niemals, habe ich in englischen Texten über Computerspielen den Begriff 'to gamble' (was weitestgehend das englische Äquivalent für 'Zocken' ist) gesehen.

In der Tat ist es so, dass wenn wir einen näheren Blick auf Situationen werfen, in denen der Begriff 'Zocken' normalerweise verwendet wird, wir sehen, dass dies in aller Regel in Kombination mit Tätigkeiten geschieht, die nahe am Glücksspiel liegen.

Ein Bankmanager zockt mit dubiosen Anlagegeschäften
Ein Fußballprofi hat sich bei Vertragsverhandlungen 'verzockt'
Jemand 'zockt' im Casino

Nicht nur, dass 'Zocken' immer im Kontext mit Glücksspiel auftaucht, es ist zudem auch noch immer negativ konnotiert. Der zockende Bankmanager ist kein Vorbild. Der zockende Glücksspieler erst recht nicht. Vielmehr werden solche Charaktere eher stets als verwerflich dargestellt.
Sind Computerspieler also auch in eine Reihe mit Raffzähnen, die jegliche Selbstkontrolle verloren haben, zu stellen?
Zeigt die allgemeine Bereitschaft, diesen Begriff in Zusammenhang mit Computerspielen zu verwenden nicht nur eine Art Minderwertigkeitskomplex auf, sondern zeigt auch, dass wir als Computerspieler nicht selbstbewusst zu unserem Hobby stehen wollen?

Wieso spielen wir nicht? Was ist so falsch daran zu spielen?

Für Kinder ist das Spiel eine Möglichkeit die Welt zu entdecken. Nicht nur dass, es ist die Möglichkeit eigene Welten zu erschaffen. Spielen ist Kreativität. Wenn ein Kind so tut, als sei es ein Astronaut, kreiert es sich in dem Moment eine eigene Welt, mit Regeln und Gesetzen und fragt sich vielleicht gleichzeitig, wie es denn wäre, wenn man tatsächlich im Weltall wäre.
Jeder von uns hat so etwas getan. Doch irgendwann haben wir damit aufgehört. Wir haben uns abgeschlossen.
Anstatt dass wir uns eigene Welten bauen und irgendwelche fiktiven Abenteuer erleben, beschränken wir uns auf die unglaubliche Banalität die das 'echte' Leben ist. Und wieso auch nicht, schließlich ist es das was alle machen und es ist das was uns gesagt wird. Und irgendwann ist es dann einfach nicht mehr angebracht, als 28 jähriger Mann durch die Gegend zu rennen und mal so zu tun, als sei man ein Pirat. Außer es ist Fastnacht und/oder man ist sturzbesoffen (beides Dinge die auch nicht so ideal sind).

Computerspiele geben uns einen Ausweg aus dieser Situation. Für ein-, bis zwei Stunden am Tag kann ein 28 Jähriger Mann tatsächlich mal wieder so tun als sei er ein Pirat (auch wenn er dafür ein 20 Jahre altes Spiel auspacken muss), er kann durch das Weltall reisen, er kann durch die Gegend fliegen. Er kann sogar seine eigene Welt bauen.

Computerspiele geben uns die Gelegenheit, dass wieder zu bekommen, was uns durch Erziehung und Fehlschläge genommen wurde: Die Lust am experimentieren, die Lust am Entdecken. Dieses Gefühl ständiger Verwunderung, wenn man mal wieder etwas Neues Entdeckt. Das Gefühl, dass man in einer Welt lebt, in der es tatsächliche Geheimnisse und Gefahren gibt.

Der Begriff Zocken ist vor allem eine Selbsttäuschung. Man will sich selbst nicht eingestehen, dass man sich in einer Tätigkeit ergeht, die nicht 'erwachsen' ist. Er zeugt von einem mangelnden Selbstbewusstsein der Person, die ihn verwendet. Aber vor allen Dingen ist er eines: falsch. Wer Computerspiele 'zockt' anstatt sie zu spielen, respektiert weder sich selbst, noch sein Hobby. Vielmehr schämt er sich für das was er tut.

Es wird Zeit mir dem 'Zocken' aufzuhören, und mit dem 'Spielen' zu beginnen.